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Zum Besichtigungsrecht der Verteidigung bei zur Durchsicht beschlagnahmter Papiere bzw. elektronischer Speichermedien

Besichtigungsrecht der Verteidigung bei zur Durchsicht beschlagnahmter Speichermedien
von RA Jens Ferner 


Zum Besichtigungsrecht der Verteidigung bei zur Durchsicht beschlagnahmter Papiere bzw. elektronischer Speichermedien

OLG Koblenz, Beschluss vom 30.03.2021, 5 Ws 16/21

1. Die Durchsicht beschlagnahmter Papiere bzw. elektronischer Speichermedien ist gem. § 110 Abs. 1 StPO Aufgabe der Staatsanwaltschaft und auf deren Anordnung ihrer Ermittlungspersonen, nicht der Verteidigung. Zu Beweisstücken im Sinne des § 147 Abs. 1 StPO werden im Rahmen der Durchsuchung vorläufig sichergestellte Datenträger bzw. Schriftstücke erst, wenn die Durchsicht gem. § 110 Abs. 1 StPO abgeschlossen und eine Beschlagnahmeanordnung ergangen ist. Ein Besichtigungsrecht der Verteidigung entsteht erst nach erfolgter Durchsicht und entsprechender Beschlagnahme.

2. Damit korrespondiert die Verpflichtung der Ermittlungsbehörden, die Auswertung vorläufig sichergestellter Schriftstücke und Daten im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Rechte eventuell Drittbetroffener zügig vorzunehmen, um abhängig von der Menge des sichergestellten Materials und der Aufwändigkeit der Auswertung in angemessenere Zeit zu entscheiden, was als potentiell beweiserheblich dem Gericht zur Beschlagnahme vorgelegt werden und was an den Beschuldigten oder Drittbetroffenen herausgegeben werden soll. Dabei ist zu gewährleisten, dass nicht noch während bereits laufender Hauptverhandlung zuvor nicht ausgewertete Beweismittel aus dem sichergestellten Datenbestand nachgeschoben werden, welche den übrigen Beteiligten noch unbekannt sind. Ein mit der Durchsicht umfangreicher Datenbestände verbundener erhöhter Auswertungsaufwand rechtfertigt keine andere Vorgehensweise.